World-Tour 2017 – Russland
Tag 15 – Freitag, 01.09.2017 – Von Kiew nach Kursk in Russland (km 3276)
Heute heißt es früh aufstehen denn es steht eine Mammutetappe an. Nicht unbedingt wegen der Kilometerzahl sondern wegen des anstehenden Grenzübertritts nach Russland. Heißt halb sieben aufstehen, duschen und das Tags zuvor im Supermarkt gekaufte Frühstück zubereiten. Anschließend auschecken und die Bayerin aufsatteln. Kette reinigen und schmieren habe ich schon gestern Abend erledigt. Um 7.45 Uhr komme ich dann endlich los. Das Navi findet auch schnell sein Ziel und lotst mich durch die Innenstadt. Plötzlich kommen mir viele Fahrzeuge auf meiner Spur entgegen und das obwohl ich vor ner roten Ampel stehe. Ich drehe schnell um und “schwimme” mit dem Verkehr mit. Das Navi sucht sich einen anderen Weg. Aber 10 Minuten später bin ich wieder kurz vor der Stelle wo ich umdrehen musste. Jetzt heiißt es den klugen Menscthenverstand einschalten und das Gerät erstmal nicht beachten. Bin gestern schon die halbe Innenstadt abgelaufen und weiß ungefähr in welche Richtung ich muss. Irgendwann bin ich dann auf der Schnellstraße unten am großen Fluß Dnjepr. Zwei Kilometer weiter kommt dann ne große Brücke über jenen. Die nehme ich dann. Mittlerweile hat auch mein Navi geblickt wo ich hin will und zeigt mir (wohl) den richtigen Weg aus der Stadt Richtung Nordosten. Bis ich dann endlich Kiew hinter mir gelassen habe ist fast ne Stunde vorbei. Noch mal volltanken und ab auf den 2-spurigen Highway. Der ist erstaunlich gut ausgebaut. 110 km/h kann man gut fahren. Die Strße führt zunächst etwa 70 km nach Norden und verzweigt dort. Weiter nach Norden geht es nach Weißrussland. Ich aber will Richtung Osten nach Russland. Gegen 13:30 Uhr vor der Grenzstadt Hlukhiv mach ich nochmal Rast und tanke die Karre voll. Die nächsten 20 Kilometer bis zur Grenze sind es erbärmliche Straßenverhältnisse. Uneben und Schlagloch an Schlagloch. Teilweise kann ich nur im Schritttempo fahren. Die Ukraine ist wirklich ein tolles Land: Riesengroß, nette Menschen, schöne Frauen, aber erbärmliche Straßen!
Dann der Grenzposten der Ukrainer. Der besteht aus ein paar alten Baracken und Containern sowie zwei Schlagbäumen. Sieht alles etwas provisorisch aus. Die LKW’s stauen sich nen Kilometer weit. An denen fahre ich vorbei. Der erste ukrainische Grenzsoldat will nur meinen Pass sehen. Damit komme ich noch klar. Er schickt ich weiter nach vorn zu einem Container. Ich fahre hin und zeige meinen Pass. Der Grenzer versteht nur russisch – ich kein Wort! Irgendwann bringt er dann das Schlagwort “Custom Control” heraus und schickt mich weg. OK, also erst Gepäck kontrollieren lassen, aber wo? Ich frage ein paar andere Ukrainer nach “Custom Control”. Die schicken mich zu ner anderen Baracke. Da steht aber etwas drauf was “Kasse” heißen könnte. Die haben mich wohl falsch verstanden. Ich versuch’s also im nächsten Container. Da stehen schon viele LKW Fahrer. Custom Control ist schon richtig hier, aber nur für LKW und nicht für Auto’s. Also wieder raus und ein Haus weiter. Und da bin ich dann endlich richtig. Die Ukrainer werfen aber nur nen schnellen Blick in die Koffer und geben mir nen Zettel. Mit dem marschiere ich dann wieder zum ersten Container, zu dem der mich weggeschickt hat. Diesmal haut er nen Stempel drauf und in meinen Pass und ich kann fahren. Den Passierschein (A38?) drücke ich dann dem bis an die Zähne bewaffneten Soldaten am zweiten Schlagbaum in die Hand. Ihm gefällt meine BMW. Wir halten nen Smalltalk obwohl wir uns nicht verstehen. Ein Selfie mit mir will (darf?) er aber nicht machen. Also Schlagbaum auf und ich raus aus der Ukraine ins Niemandsland.
So, das waren die Ukrainer. Jetzt kommen noch die Russen. Kaum über die Grenze gefahren werden auch schon die Straßen erheblich besser und die Grenzanlage größer und moderner. So wie man sich das vorstellt. Der erste Grenzer will wieder nur meinen Pass sehen und kontrolliert das Visa. Dann geht’s weiter zur Custom Control Nr. 2. Die verläuft auch sehr schnell denn auch die Russen werfen nur nen schnellen Blick in die Koffer und geben sich nicht mal Mühe den Inhalt genau zu untersuchen. Der schierige Teil des Grenzübertritts steht mir aber jetzt bevor – nämlich der ganze Papierkram. Am ersten Häuschen sitzt eine etwas ältere, blonde Damen mit mürrischem Blick. Die sieht so aus als hätte sie noch die guten, alten Sovietzeiten mitgemacht. Sie spricht mich in russisch an von dem ich nichts verstehe. Aber sie will wohl den Pass und den Kraftfahrzeugschein. Beides bekommt sie artig von mir. Einem Kollegen von draußen ruft sie noch was zu. Der liest dann mein Nummernschild ab und gibt’s ihr durch. Im dritten Häuschen spricht mich wieder einer in russisch an von dem ich nichts verstehe. “Njet garaviu ba-ruskije” antworte ich – ich spreche kein russisch! “Plocha!” sagt er – schlecht! “Da plocha” antworte ich, ja schlecht! Aber ich kann nunmal kein russich außer den paar Brocken die ich vor drei Jahren in der Transsibirischen Eisenbahn gelernt habe. Trotzdem bekomme ich dann doch vier Zettel zum Ausfüllen durchgereicht. Einen davon in 2-facher Ausführung, der ist sogar in deutsch! Es ist die Zollerklärung. Da rein muss ich alle persönlichen Daten, Angaben zum Fahrzeug und mitgeführten, zu deklarierenden Waren aufführen. Die beiden anderen Zettel sind in kyrillisch, kann ich also nicht entziffern und lege die erstmal beiseite. Das ist in etwa so wie bei einer Klausur in der Hochschule. Du erledigst erst die Aufgaben die du mit Sicherheit kannst. Anschließend den Rest. Nach dem Ausfüllen der Zollerklärung gehe ich zum vierten Häuschen. Da sitzt eine etwa 40-jährige Russin drin. Sie schaut die beiden Zettel an, streicht einiges durch und gibt mir nochmal zwei neue zum ausfüllen, diesmal in englischer Ausführung. Also das ganze nochmal. Nachdem ich mir sicher bin alles richtig ausgefüllt zu haben gehe ich zurück zu Haus Nr. 4. Mittlerweile stehen da aber schon fünf andere Personen die jetzt zuerst bedient werden. Ne halbe Stunde später bin ich dann wieder mal dran. Die Russin streicht wieder was durch und gibt mir noch nen Zettel raus. Woher soll ich wissen, daß die nur das Erstzulassungsjahr interessiert und nicht das Erstzulassungsdatum? Den Zettel soll ich aber gleich hier schnell ausfüllen gibt sie zu erkennen. Die beiden anderen kyrillischen Zettel füllt sie anhand meiner Paßunterlagen für mich aus – sie ist doch hilfsbereiter als ich dachte, oder will nur die lange Schlange hinter mir weg haben. Irgendwann hab’ ich’s dann endlich geschafft und der russische Schlagbaum öffnet sich vor mir.
Russland begrüßt mich mit typischem Wetter – Regen! War heute früh noch eidler Sonnenschein so wird die Suppe von Minute zu Minute dichter. Also Regenkombi anziehen und hinter das Windschild geduckt losfahren. Bis zum Tagesendziel, der nächstgrößeren Provinzstadt Kursk sind es gute 150 km. Von denen fahre ich etwa 120 im Regen. Naß werde ich trotzdem kaum, der Kombi ist dicht. Etwa drei Stunden später, so gegen 19 Uhr erreiche ich dann Kursk. Das Navi findet auch schnell mein gestern gebuchtes “Kursk Hostel Uyt”. Damit findet der bisher stressigste Tag der Reise sein Ende, und am Ende bin ich auch!
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Tag 16 - Samstag, 02.09.2017 - Von Kursk nach Borissoglebsk (km 3764)
Nach der gestrigen, doch etwas stressigen Etappe mit dem Grenzübertritt nach Russland sollte heute eigentlich ne kurze, nur ca. 280 km lange Etappe nach Voronesh anstehen. Auch das Wetter hat sich beruhigt. Es ist jedoch neblig draußen am Morgen. Der Herbst naht in Russland, womöglich auch der Winter. Nicht selten hat es hier im September schon geschneit. Vor dem Frühstück in der Gemeinschaftsküche muss dringend die Kette der Bayerin gereinigt un neu geschmiert werden. Denn die ist nach der gestrigen Regenfahrt furztrocken und dreckig. Für's reinigen wird sie mit Diesel gründlich abgepinselt damit der Dreck rauskommt. Anschließend mit nem Lappen saubergewischt und mit Getriebeöl neu geschmiert. Das Wetter und die Straße sind gut und ich komme gut voran. Gegen halb drei Uhr nachmittags bin ich dann in Voronesh, kann jedoch die Tags zuvor gebuchte Unterkunft nicht finden. Bis zur nächstgrößeren Provinzstadt Borissoglebsk sind es noch etwa 170 km. Das sollte doch heute noch machbar sein. Also fahre ich weiter. Zunächst geht es Richtung Süden auf einer top gebauten Autobahn. Da dauert es nicht lange bis ne Mautstelle kommt. Irgendwie stehe ich in der falschen Schlange. Denn am Schalter will der 140 Rubel von mir haben! Das sind zwar nur etwa 2 Euro, aber für die paar Kilometer dann doch zu viel. Zehn Kilometer weiter will das Navi daß ich auf der Autobahn wende - unmöglich! Habe wohl die Ausfahrt verpasst. Aber alle paar Kilometer gibt es eine U-Turn in die andere Richtung. Also wieder zurück und wieder durch die Mautstelle. Diesmal muss ich nur 90 Rubel berappen. Dann endlich MEINE Ausfahrt. Das ganze hat mich ne Stunde Zeit gekostet. Und wie auch gestern Nachmittag zieht der Himmel zu und es schüttet zeitweise kräftig. Russland = Regenland!!! Als ich dann endlich um 19 Uhr Borissoglebsk erreiche ist es halb dunkel und ich habe noch kein Hotel für die Nacht. Auf meinem Offline Kartenmatrial auf dem Handy von OSM (Open Street Maps) ist ein "Guest House Ivanov" eingetragen. Da fahre ich hin. Die wollen aber 3500 Rubel. Das ist mir dann doch etwas zu viel. Die freundliche Rezeptionistin ruft ihren Sohn an. Der holt mich ab und fährt mit dem Auto mir voraus zum Hotel Borissoglebsk. Die wollen nur 1600.- die Nacht (24.- Euro). Da steige ich sofort ab. Hier in diesem Provinznest ist echt der Hund begraben. Kein richtiges Restaurant oder Kneipe. Aber nen Imbißladen gibt's dann doch. Dann gibt's halt nen Hot Dog zum Abendessen und 2 Dosenbier aus dem Supermarkt.
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Tag 17 - Sonntag, 03.09.2017 - Von Borissoglebsk nach Volgograd (früher Stalingrad) (km 4143)
Heute fahre ich zu einem weiteren geschichctsträchtigen Ort, dem Wendepunkt des 2. Weltkrieges, die Stadt Volgograd wie sie heute heißt. Vielleicht besser bekannt unter dem Namen Stalingrad. Das sind gut 360 Kilometer von Borissoglebsk. Gut daß ich gestern nicht in Voronesh gehalten habe, sonst wären es 170 Kilometer mehr. Trotzdem stehe ich um halb sieben auf damit ich um acht wegkomme. Auch heute früh sieht die Kette der Bayerin wieder übel aus. Also wieder reinigen und neu schmieren damit sie noch ne Weile hält. Das Wetter ist herbstlich kühl aber glücklicherweise kein Regen wie gestern Nachmittag. Die Straßen sind abgetrocknet. Dafür dichter Nebel. In ner Kleinstadt zu übernachten hat den Vorteil daß man schnell wieder auf dem Highway ist und sich nicht erst aus der Großstadt rauszwängen muss. Ne Stunde später dann der erste Boxenstop an einer Tankstelle und einen "Koffie-S'malakom", Kaffee mit Milch. An den Tankstellen in Russland läuft das alles etwas anders ab als bei uns. Da heißt es: erst zahlen dann die Ware. Sprich du gehst zum Tankhäuschen, reichst das Geld durch die kleine Luke der Kassiererin durch und sagst ihr welchen Sprit du tanken willst. Die gibt dann die Menge ein und schaltet den Zapfhahn frei. Ist aber etwas problematisch wenn ich volltanken will. Da muss ich wissen wieviele Liter ungefähr noch in den Tank passen. Also erstmal tiefstapeln und das reinfüllen was auf jeden Fall rein passt. Anschließend in den Tank schauen und schätzen was noch fehlt und wieder Abmarsch zum Tankhäuschen. Solange bis der Tank voll ist. Da ist Laufarbeit gefragt.
Wie die Tage zuvor ist de 2-spurige Schnellstraße in gutem bis sehr gutem Zustand. Aber schneller als 90 km/h sind nicht erlaubt. Und die russischen Polizisten haben ne Menge Radarfallen aufgestellt. Das hält die meisten Autofahrer jedoch nicht davon ab die 90 deutlich zu überschreiten. In Russland gibt es viele Verkehrsrabauken. Das geht in den Städten dann schon mal so weit, daß bei Staus vor roten Ampeln auch auf dem Gehweg überholt wird. Zu defensiv sollte man trotzdem nicht fahren. Sonst läuft man Gefahr von der Straße geschoben zu werden. Also immer schön "mitschwimmen" im Verkehr. Wenn du "nur" 90 fährst auf der Autobahn kann es schon sein daß dich mal ein LKW überholt. Immer dann haben mich die 90 auch nicht mehr interessiert denn von nem LKW lasse ich mich nicht überholen. Vor ein paar Tagen dachte ich noch die Ukraine ist ein riesiges Land. Aber da war ich noch nicht in Russland. Denn das ist noch ne Spur größer und dünner besiedelt. Gegen 14 Uhr habe ich dann Volgograd auch erreicht. Die Stadt begrüßt mich mit einem überdimensional großem Namenszug und einem riesigen Stahlhelm der roten Armee. Ne Viertelstunde später erreich ich das Tags zuvor gebuchte "GoodZone Hostel", meine Unterkunft für die nächsten zwei Tage. Denn nach drei Tagen im Sattel brauche ich jetzt unbedingt mal ne Pause. Auch wenn's der Bayerin wohl nicht recht ist. Denn die läuft wie ein Uhrwerk.
Habe in Kiew im Hostel nen älteren US-Amerikaner getroffen der recht gut deutsch spricht. Der hat mir die reinsten Schauergeschichten von Russland erzählt: In Russland gibt es viele Kriminelle, im September fängt es an zu Schneien und wird kalt und die Straßen sind noch viel schlechter als in der Ukraine. Der wollte wohl nicht daß ich da rein fahre. Stimmt jedoch bis heute alles nicht!
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Tag 18 - Montag, 04.09.2017 - Stalingrad (auf den Spuren des 2. Weltkriegs)
Nach drei Tagen fast ununterbrochenem Fahren bin ich echt platt und habe mir ne Fahrpause von zwei Tagen verdient. Der Bayerin wär's egal. Die läuft momentan wie ein Uhrwerk und freut sich immer wenn ich den Zündschlüssel umdrehe. Sie hat heute Nachmittag ne Wäsche bekommen damit sie sich wieder sehen lassen kann im russischen Straßenverkehr.
Ja Stalingrad, noch ein unrühmlicher Ort der neueren deutschen Geschichte an dem ich mich hier befinde. Die Schlacht an der Wolga um Stalingrad 1942-1943 wird als Wende des 2. Weltkrieges betrachtet. Die Stadt wurde pratisch dem Erdboden gleich gemacht. Zu sehen ist heute davon nur noch die Grudinin-Mühle. Sie ist Teil des Panorama-Museums und wurde als einziges der seinerzeit zerstörten Gebäude als Mahnmal so stehen gelassen, wie es nach dem Ende der Kämpfe um Stalingrad aussah. Betreten kann man das baufällige Gebäude nicht mehr. Aber wenn man einen Blick reinwirft kann man sich vorstellen wie zu Kriegszeiten der Häuserkampf statt fand. Gleich neben der "roten" Mühle befindet sich das Panorama Museum zur Schlacht von Stalingrad. Es hat eigentlich jeden Tag offen - nur heute wegen einer Veranstaltung nicht. Hoffe daß ich morgen mehr Glück habe.
Am Nachmittag marschiere ich noch zur Gedenkstätte auf dem Mamajew-Hügel. Der Hügel mit der 84 Meter hohen Mutter-Heimat-
Statue ist das wohl eindrucksvollste Monument, das an die Schlacht von Stalingrad erinnert. Der Mamajew-Hügel war während der Schlacht von Stalingrad ein strategisch bedeutendes Gebiet und besonders heftig umkämpft. Gleich nebenan die Ruhmeshalle. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass hier eine überdimensionierte Hand eine Fackel mit dem "Ewigen Feuer" in
die Höhe reckt. Zudem stehen hier russische Soldaten als Ehrenwache (O-Ton Online Reiseführer).
Die Schlacht von Stalngrad hatte für Deutschland folgende Verluste:
- Soldaten: 1,5 Millionen
- Panzer: über 2 000
- Geschütze: über 10 000
- Flugzeuge: über 2 000
- sonstige KFZ: über 70 000
Von diesen Verlusten konnte sich die deutsche Heeresführung nie wieder erholen.
Mit dem Essen ist das nicht immer ganz einfach für mich in Russland. Denn russisch sprechen kann ich nicht und die kyrillischen Hyrogrlyphen zu entziffern gleich gar nicht. Also gibt's halt öfters (russisches) Fast Food. Da gibt's die Speisekarte mit Bildern oder aber die Foto's von den Menü's sind außen auf der Imbißbude abgebildet. Hat ne Weile gedauert bis ich wieder eine sogenannte "Kantine" gefunden habe. Die funktionieren nach dem Prinzip der Autobahnraststätten. Du nimmst dir ein Tablett lädtst es mit Essen und Trinken voll, oder zeigst auf das Gericht das du gerne hättest, gehst damit an die Kasse und zahlst. Funktioniert tadellos. Und die däftigen russischen Gerichte schmecken echt gut. Was es hier und in der Ukraine auch gibt und ich sonst noch nirgends gesehen habe ist, daß man das Bier sich auch literweise aus dem Zapfhahnen in ne Plastikflasche abfüllen lassen kann um es dann mit nach Hause zu nehmen.
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Tag 19 - Dienstag, 05.09.2017 - Ruhetag an der Wolga
Die Wolga steht heute im Mittelpunkt des Tages. Sie fließt im europäischen Teil Russlands, trennt aber teilweise Europa von Asien. Der Fluss ist mit einer Länge von 3.530 km der längste und zudem der wasserreichste Fluss Europas. Hier in Volgograd hat der ne Breite von 1-2 km. Mir kommt's fast so vor als stehe ich am Meer. Für den Fluss gibt's auch ein bekanntes Lied:
Es steht ein Soldat am Wolgastrand,
Hält Wache für sein Vaterland.
In dunkler Nacht allein und fern,
Es leuchtet ihm kein Mond, kein Stern ...
Den Rest erspare ich mir. Sonst wird's melancholisch.
Jedenfalls war ich heute nach dem Frühstück ne halbe Stunde laufen am Ufer der Wolga um nicht ganz einzurosten auf dem Moped. Gleich anschließend der 2. Versuch ins Panorama-Museum (die Schlacht um Stalingrad) zu kommen. Doch wieder wie gestern ist es wegen ner Veranstaltung geschlossen. Da müssen wohl viele wichtige Leute da sein. Die halbe Stadt ist abgeriegelt. Die Bullen lassen einen nicht mal in die Nähe des Museums. Da hat es 363 Tage im Jahr offen und ist nur an 2 Tagen geschlossen - genau an den beiden Tagen an denen ich da bin! Volltreffer! Denn noch nen Tag länger will ich nicht hierbleiben. Denn die lezte große Etappe in Russland steht an. Nämlich die Fahrt nach Astrakhan an der Wolga-Mündung.
Wenigstens das Wetter hier ist toll: Mit 27 Grad noch sommerlich warm und den ganzen Tag scheint die Sonne. Hätte nicht gedacht daß ich in Russland nochmal die Sonne sehe. Und so laufe ich halt am Ufer der Wolga entlang zum Hafen runter wo die Ausflugsboote anlegen. Hätte gerne ne Fahrt mitgemacht. Aber nirgends gibt es einen Fahrplan oder Hinweisschild. Bezahlen tut man wohl an Bord. Die Crew spricht nur russisch. Die einzige Chance wäre gewesen "blind" mitzufaharen. Ebenfalls am Wolgaufer wird grade das Stadion fertiggestellt für die Fussball WM 2018. So wie es aussieht ist da noch einiges zu tun.
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Tag 20 - Mittwoch, 06.09.2017 - Von Volgograd nach Astrachan (km 4580)
Gestern Abend ist ne Nachricht in meinem facebook messenger account angekommen. Benjamin Grob (Beni) aus der Schweiz hat sich gemeldet. Er ist auch Teil der Gruppe mit der ich ab Mitte Oktober China durchqueren will. Er hat gesehen daß ich grade in Volgograd bin. Da wo er grade auch ist. Was ein Zufall. Sein Hotel ist etwa 2 km weiter weg. Das war mir für gestern Abend zu weit. Aber er will wie ich auch heute früh nach Astrakhan weiterfahren. Also schließen wir uns zusammen und fahren gegen halb zehn Uhr los. Google Maps errechnet wie das Navi eine Enfernung von 420 km in südöstlicher Richtung. Da müssen wir schon Gummi geben um am Abend dort zu sein. Aber wie bisher auch sind die Überlandstraßen in Russland in einwandfreiem Zustand. Was direkt nach Verlassen von Volgograd auffält ist der Klimawechsel. Es wird spürbar wärmer. Das Thermometer steigt auf über 30 Grad. Die Landschaft ist nicht mehr grün wie vor Volgagrad sondern braun, verbrannt und zusehends versteppt. Immer wieder weht Sand oder Geflecht über die Straße. Kein Wunder, die kasachische Steppe ist nicht mehr weit. Lediglich ein schmaler, grüner Gürtel liegt links von uns. Denn dort verläuft die Wolga immer Richtung Astrakhan. Unterhalb der Stadt mündet sie in einem 50 km großen Delta ins kaspische Meer. Unterwegs treffen wir auch auf einen russischen Cowboy der mit seinem Pferd die Schafe hütet.
Was noch besonder positiv in Russland hervorgehoben werden muss sind die günstigen Spritpreise. Vielleicht liegt es auch nur an dem schlechten Kurs des Rubels (1 Euro = 67 Rubel). Das Super (95 Oktan) kostet 40 Rubel und das Benzin (92 Okton) 35 Rubel!
Mein Tags zuvor gebuchte "Gabzon Hostel" findet das Navi auch schnell in der Innenstadt. Ich frage das Mädel an der Rezeption ob ich das Moped auf der Straße vor dem Hostel parken kann. Das sei zu unsicher meint sie. Aber ich könnte es direkt vor der Eingangstür parken. Da ist ne Überwachungskamera. Aber dort ist es zu abschüssig. Also meint sie kurzerhand ich solle es ins Hostel reinstellen. Warum nicht? Koffer abgebaut und Gepäck abgeladen. Sie zieht hinten an der Maschine und ich bugsiere die Bayerin von vorne durch die Eingangstür in den großen Wohnbereich. Bestimmt das erste Mal dass die BMW in einem Wohnzimmmer übernachten darf. Außerdem sind wir heute über ne weitere Zeitzone gefahren. Wir müssen die Uhr nochmals um ne Stunde vorstellen.
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Tag 21 - Donnerstag, 07.09.2017 - Ruhetag in Astrakhan
Nach der gestrigen langen Fahrt ist heute Ruhe angesagt. Es gibt auch nicht sonderlich viel zu sehen hier in der Stadt. Lediglich den Kreml kann man sich ansehen. Nen Kreml gibt es nicht nur in Moskau sondern in jeder größeren Stadt in Russland. Denn ein Kreml ist so was wie ne Festung oder Burg. Anschließend marschiere ich nochmals runter zur Wolga um mich von ihr zu verabschieden. Sie war die letzten Tage eine treue Begleiterin. Vor nem Supermarkt will ich noch drei Äpfel bei einer Bäurin kaufen. Drei Finger zeige ich, drei Stück will ich. Sie spricht was von "Triziet", dreißig. Ich gebe ihr 30 Rubel und sie gibt mir den ganze Korb mit Äpfeln für umgerechnet 45 Cent. So viele wollte ich dann doch nicht. Der Rest landet halt auf dem Tisch im Hostel zum Verzehr für alle Gäste. Am Abend treffe ich mich wieder mit dem Schweizer Beni. Der ist in einem anderen Hotel abgestiegen. Wir planen die Fahrt morgen früh nach Kasachstan bei ein paar Bieren.
Da wir früh raus wollen ist um zehn Schluss für heute. Bevor ich jedoch in die Falle springen kann im Gabzov Hostel fängt mich die junge Rezeptionistin Karina ab und "nötigt" mich noch eine Deckentafel zu beschreiben und bemalen. Da muss ein Spruch drauf und dass das Motorrad hier drin abgestellt wurde. Also heißt es noch kurz vor dem Schlafen gehen künstlerisch tätig zu werden.
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